Weil der italienische Restaurant-Besitzer ihm keinen freien Tag als Barkeeper geben wollte, kam Marco Stachowiak durch Zufall zu einem Job an der Tankstelle, der eigentlich für seine Mutter vorgesehen war. Über einen, der sich 1988 auf den Weg aus dem Osten in den Süden machte, in München landete und leidenschaftlich Geschichten erzählen kann.

Werden Sie auch unruhig, wenn jemand ganz dringend etwas von Ihnen möchte, Sie selbst aber keine Zeit für dessen Belange haben? Marco Stachowiak nicht. Am 22. Dezember 2016, dem Tag der Eröffnung der neu gebauten Allguth Station in der Kreillerstraße 220, stellte er diese Ruhe wieder einmal unter Beweis.

Während die versammelte Mannschaft, einschließlich der Firmeninhaber und Geschäftsführer Christian und Michael Amberger, vor dem Eingang der Tankstelle darauf wartete, dass diese nun endlich feierlich eröffnet werden konnte, stand Stachowiak selbst, mit einem Klemmbrett bewaffnet, in seiner neuen Waschstraße und erhielt vom Anlagenbauer die finale Einweisung zur Waschtechnik. „Ist grad schlecht“, sagte Stachi, wie er genannt wird, seelenruhig zu seiner Frau, die gekommen war, um ihn zum Festkomitee zu komplementieren.

Pragmatisch. Praktisch. Gut.

Letztlich kam Stachowiak natürlich doch noch zum symbolischen Festakt, der aber eigentlich – so sah er das – auch ohne ihn hätte stattfinden können. Die Einweisung zur Waschtechnik hingegen nicht. Stachowiak legt eine angenehm pragmatische Sichtweise an den Tag. Er kann sich ohne Probleme und voller Leichtigkeit dem Zufall überlassen, wenn es denn passt. Wie praktisch. Das gelingt nur, dank der Ruhe und Souveränität, die er in sich trägt und seinem Vertrauen, dass die Dinge am Ende schon gut werden.

Das bewies er auch, als er 20 Jahre jung aus dem Osten nach München kam und durch Zufall an einer Aral-Tankstelle landete. Eigentlich wurde die Stelle seiner Mutter angeboten, die deshalb kurz davor war, ihren bisherigen Job zu kündigen. Das hielt Stachowiak aber für eine blöde Idee und ging kurzerhand selbst zur Aral. Ganz pragmatisch. Am Ende ist er 18 Jahre dort geblieben.

 

 

Wie ein Trainee durchlief er alle Stationen einer Tankstelle und konnte sich von seinem Chef dort einiges abschauen, allem voran die Genauigkeiten in der Buchhaltung. Als dieser in Rente ging, war Stachowiak mit dem Nachfolgeangebot der Aral nicht zufrieden, zog weiter und begann 2008 als Allguth Pächter der Station in der Fürstenrieder Straße 175 im westlichen Münchner Stadtteil Hadern. „Der große Vorteil der Allguth ist, dass sie kein Konzern ist.“ Die kurzen Wege, das partnerschaftliche Miteinander und die Verlässlichkeit wisse er am Münchner Familienunternehmen zu schätzen. „Man kann hier mit Menschen reden und nicht nur mit irgendeinem anonymen Angestellten. Das ist schon eine angenehme Firmenkultur.“

Historische Wasserstofftankstelle: Allguth glaubt an die Zukunft

Heute leitet der 51-Jährige mit der Allguth Station im Münchner Osten eine besondere Tankstelle. 2017 eröffnete die Allguth hier als erster deutscher Mittelständler eine Wasserstofftankstelle, die kompakteste und leiseste H2-Station weltweit. „Das ist eine gute Sache, die leider noch zu wenig angenommen wird.“ Stachowiak glaubt aber wie die Amberger-Brüder, dass der Kraftstoff Wasserstoff Zukunft hat.

Zukunft selbst gestalten, das gehe als Selbstständiger bei der Allguth, weshalb Stachowiak es auch jedem empfehlen würde – aber nur mit dem nötigen Engagement. „Eine Tankstelle erfolgreich leiten funktioniert, wenn man wirklich Bock drauf hat und Biss mitbringt. Nebenbei geht’s nicht.“

 

 

Stachowiak betont auch, dass es ohne seine vielen langjährigen Mitarbeiter nicht funktionieren würde. „Du musst ihnen ein Umfeld bieten, in dem sie sich wohlfühlen und, wenn es notwendig ist, dich auch mal schützend vor sie stellen.“ Wenn Stachowiak von seinem eingespielten Team spricht, merkt man, wie sehr es ihm am Herzen liegt. Er weiß zu schätzen, welch tolle Arbeit seine Mitarbeiter, die teilweise bereits seit rund 20 Jahren bei ihm sind, Tag für Tag leisten. Das zeigt, dass die Zusammenarbeit gut funktioniert. Typisch Allguth.

Auch seine Familie unterstützt ihn sehr. „Meine Frau hat früher intensiv mitgeholfen, heute nur noch hier und da. Meine Mutter ist mittlerweile Rentnerin, packt dennoch jeden Freitag und Sonntag mit an, das macht ihr einfach Freude.“ Am Freitag freuen sich die Kolleginnen und Kollegen stets über den selbst gebackenen Kuchen von Mama Stachowiak. Auch sein Sohn hilft ab und an mit, ist aber durch sein Studium, inklusive Auslandssemester, mittlerweile öfter anderweitig eingespannt.

Von Schweizern mit Kinderwagen, die seinen Schnaps klauen und dann doch zurückbringen

In seiner Freizeit genießt Stachowiak den Kontrast zum turbulenten Tankstellen-Alltag mit vielen Menschen um sich herum. „Da gönne ich mir auch mal Ruhe.“ Zum Beispiel beim Spazierengehen mit seinem Hund. Wenn er dann aber doch mit seinen Freunden gesellig beisammensitzt, erzählt Stachowiak, welche neuen Anekdoten er an seiner Station wieder erlebt hat. „Meine Freunde sagen dann immer im Scherz: ‚Eigentlich musst du mal ein Buch schreiben.‘“

Sollte es eines Tages dazu kommen, darf die kuriose Geschichte vom Schweizer nicht fehlen, der nicht nur für über 70 Euro Süßwaren gekauft, sondern auch mehrere Drei-Liter-Flaschen Schnaps in einem Kinderwagen geklaut hat – nur um diese, nach einem freundlichen Besuch der Polizei im Hotel schräg gegenüber, wieder reumütig zurückzubringen. „Als er gehen wollte, sag ich zu ihm: ‚Freund, mein roter Einkaufskorb fehlt noch.‘“ Den hatte er tags zuvor auch noch mitgehen lassen.